#NPD-Verbot Medientagebuch: 23. Februar 2016 - Mediale Vorspiele
Andreas Molau
Monitor hat den Reigen der Berichte um mögliche Strategien der NPD nach einem Verbot begonnen.Dieser erste Beitrag kam vom SWR. Mit dem hatte ich erst kürzlich Kontakt. Redakteure vom Nachtcafé, eine Talkshow mit eher unterhaltsamem Charakter, hatten gefragt, ob ich dort auftreten würde. Es ginge um Biografiebrüche. Vorgestellt werden sollten Menschen, die in ihrem Leben eine Wendung durchgemacht haben. Ob das nun so ein Star wie Harald Schmidt sei, der nun nicht mehr Comedian sein wolle. Oder eben so jemand wie ich, der sich nach dem Ausstieg von Ideologie und Extremismus getrennt habe. Nach Vorgesprächen war alles in Ordnung. Die Termine für die Woche schon abgesagt, bis dann einige Tage vorher die Nachricht kam: Man hätte sich nun doch entschlossen, mich wieder auszuladen, weil mein Schicksal nicht in den Rahmen passe. Eine verpasste Chance für die Ausstiegsarbeit in Deutschland. Nicht, weil ich nun so wichtig gewesen wäre. Jeder Aussteiger dort wäre richtig gewesen, um zu zeigen, dass auch ein Ausstieg aus der rechtsextremen Szene ein normaler biografischer Bruch ist und man einen Aussteiger am Ende genauso behandelt, wie jeden anderen Menschen auch. So gibt weiterhin zweifelhafte Privilegien. Das sind am Ende auch wichtige Fragen des Verbotsverfahrens. Denn wo soll die Riege der Aktivisten hin, wenn es tatsächlich zu einem Verbot kommt?
Der Magazinbeitrag von Monitor nun beschäftigte sich mit möglichen Strategien der NPD nach einem Verbot. Die Grundthese des Beitrages wurde durch eine anonyme Person formuliert: Die NPD würde ihre Mitglieder nach einem Verbot einerseits auf die Kleinstpartei »III. Weg« und andererseits auf die AfD verteilen. Diese These ist nach den Erfahrungen in der Partei und die erlebten Diskussionen in den Führungsgremien eher abwegig. Erst einmal ist der Status des »III. Weges« als Partei ziemlich angreifbar. Die Partei nimmt gar nicht an Wahlen teil und deshalb ist ihr Parteienstatus ziemlich angreifbar. Die Partei bedient sich ganz unverhohlen, schon im Namen, der NS-Symbolik. Es ist kaum anzunehmen, dass der Führungsriege der Partei dies entgangen ist. Die wesentlichen mir bekannten Protagonisten würden es nach meiner Einschätzung aus inhaltlichen und taktischen Erwägungen ablehnen, bei einem drohenden Parteiverbot in eine noch radikalere Formation zu gehen. Neben der im Beitrag zitierten Person gibt es auch zur Zeit keine Erklärung und keinen Diskussionsbeitrag in der Szene, der auf so etwas schließen ließe.
Nun wurde natürlich tatsächlich, auch in meinen aktiven Jahren die Frage eines drohenden Verbotes debattiert. Da gibt es ja tatsächlich viele Lösungen. Vorzeitiger Austritt. Selbstauflösung. Oder den Weg des Vlaams Belang, der sich vor dem drohenden Verbot rasch eine andere Satzung gab und entsprechende Leute aus der Partei warf. Genauso war es bei der britischen BNP. Aber eine so obskure Partei wie der »III. Weg«, der ja noch viel leichter zu verbieten ist als die NPD, wäre in einer Strategie nie eine Option gewesen. Womöglich für Einzelne, wie Thorsten Heise oder »Steiner« Wulff. Aber nie für die Partei. Ein wichtiges Problem beleuchtet der Monitorbeitrag allerdings am Ende doch. Denn der »III. Weg« wurde als die eigentlich radikale Partei dargestellt, zu der sich die Hitzköpfe und NSler wendeten, weil ihnen die NPD zu lasch würde. Wenn es auch nicht eine Parteistrategie zu sein scheint, so wird hier doch ein offenes Problem angesprochen. Einzelne Mitglieder und womöglich auch junge Führungskader könnten sich noch weiter radikalisieren. Es ist zwar eher anzunehmen, dass die danach in amorphe Strukturen wechseln werden, etwa der identitären Bewegung. Aber auf jeden Fall werden diese Personen ihre Ansichten nicht ändern durch ein mögliches Verbot. Wenn sie in der Partei blieben, besteht ohnehin ein Wiederbetätigungsverbot. Dann wären Strukturen wie die der Identitären, die sich bewusst gar nicht als Partei formieren möglich. Wenn sie vor dem Verbot austreten würden, dann ist, vor allem angesichts moderner Milieubildung, ein Wechsel in klassische Parteistrukturen ebenfalls wenig wahrscheinlich. Ein Verbot und weitere Isolierung führt zur Radikalisierung. Und gesellschaftliche Radikalisierung ist es ja eigentlich, was ein Verbotsverfahren verhindern will.
Was die AfD anlangt. Es ist von Anfang an so gewesen, dass die AfD überhaupt keine Ex-NPDler aufnimmt. Eine Stragie der NPD, Mitglieder in diese Partei zu schicken, ist also gar nicht umsetzbar. Hier ist die Partei von Frauke Petry konsequent, während sie andererseits keine Handhabe dagegen hat, dass sich Menschen aus anderen extremnen Milieus, die sich bewusst nicht an die NPD gebunden hatten, um nicht »verbrannt« zu sein, nun bei der Partei engagieren. Im Filmbeitrag wurden verwackelte Bilder von der Stadtvertretung in Wismar gezeigt, bei der (kaum erkennbar), der NPD Stadtverordnete im Gespräch mit AfD-Leuten war. Abgesehen davon, dass ich aus eigenem Erleben weiß, aus dem Wolfenbüttler Kreistag, dass es natürlich Situationen gibt, in denen man über etwas anderes als Politik spricht – die also vertraut wirken – ist gerade dieser Stadtverordnete, der sehr bürgerlich ist, ein schlechtes Beispiel. Denn auch mit manchem CDU-Abgeordneten stand er in den vergangenen Jahren auf gutem Fuße. In der sind kommunale Abgeordnete der NPD doch sehr isoliert. Dort wo die Isolierung etwas aufbricht, entweder, weil die Menschen kommunal verwurzelt sind, finden allerdings nicht nur Gespräche mit der AfD statt.