#NPD-Verbot Medientagebuch: 2.März.2016 "Mit juristischen Kanonen auf Spatzen"?
Andreas Molau
Der zweite Tag des NPD-Parteiverbotsverfahrens. Und in der Presse, so hat man den Eindruck, wird die Sache kaum wahrgenommen. Als das zweite Verfahren 2012 auf den Weg gebracht wurde, bestimmte es noch die Schlagzeilen. Nun wird zwar darüber berichtet. Aber mehr pflichtschuldig, scheint es. Und zunehmend auch kritisch. Zeit-online titelt symptomatisch Mit juristischen Kanonen auf Spatzen (1) und bringt damit zum Ausdruck, was offenbar immer deutlicher wird. Die Bedeutung der NPD mit 5.400 Mitgliedern und einer Landtagspräsenz ist gegenüber dem, was sich gerade in der Parteienlandschaft andeutet, kaum noch wahrnehmbar. Oder um es zynisch zu sagen: Dort, wo sich AfD und CSU im Ton gegenseitig zu überbieten versuchen, ist die NPD (derzeit) gar nicht »nötig«. Juristische Fragen werden erörtert. Kann die NPD mit einzelnen Gewalttaten wesenhaft in Verbindung gebracht werden? Hat der demokratische Rechtsstaat die Partei wirklich zu fürchten?
Report Mainz legt mit einer längeren Dokumentation unter dem Titel Der falsche Feind (2) nach. Die Autoren des bereits ausgestrahlten kurzen Magazinbeitrags, gehen mit dem Verbotsverfahren noch kritischer um. Man erinnert daran, dass es Report Mainz gewesen sei, das 2002 die Mängel beim ersten Verfahren aufdeckte. Neben Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die eine liberale Sicht der Dinge vertritt und im Focus auch vor einem Pegida-Effekt (3) warnt – Auseinandersetzung statt Verbote –, überrascht vor allem, dass ausgerechnet Professor Dierk Borstel, Gutachter beim Prozess, und der ehemalige NPD-Parteivorsitzende Holger Apfel ähnliche Befürchtungen aussprechen. Nämlich dass sich durch das Parteiverbot eine Radikalisierung der Kräfte ergeben würde. Die These, dass der 3. Weg und die AfD als Auffangbecken genutzt werden könnten, wird erneut in die Diskussion gebracht. In den Facebook-Kommentaren gibt es tatsächlich auf der Seite der NPD erste Diskussionsbeiträge in diese Richtung. Ob sie aber die Strategie der Partei repräsentieren, ist dennoch fraglich.
Dass die NPD ihre Öffentlichkeitsarbeit weiter professionalisiert hat, kann man auch bei diesem Prozess beim Thema DS-TV sehen, wo bereits am Morgen des zweiten Prozesstages ein Magazinbeitrag mit dem Aushängeschild »Emma Stabel« und Statements des Parteivorsitzenden Frank Franz (4) gezeigt wurden.Die Reichweite der Filmbeiträge ist zum Teil mit mehreren Zehntausend beträchtlich. Szene-Gerüchten zufolge wird das Format von europäischen Geldgebern unterstützt. Das technische Know-how hat man sich in der Fraktionsarbeit der beiden Landtage zugelegt. Diese Art der freien Formate, die inzwischen in allen politischen Lagern Bedeutung gewinnen, ist sicher nicht von einem Parteienverbot abhängig. Interessant ist schließlich, dass das Thema auffällig sachlich und intensiv in den verschiedensten Foren diskutiert wird. Die Meinungen reichen dabei vom Unbehagen, dass Parteien wie die NPD vom Staat finanziert werden, bis hin zur Position, dass Demokratie diese Differenz aushalten muss. (5)
(1) http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-02/npd-verbot-karlsruhe-internet-bundesverfassungsgericht-akten-belege
(2) http://www.swr.de/report/vor-dem-verbotsverfahren-die-npd-der-falsche-feind/-/id=233454/did=17040170/nid=233454/csilo2/index.html
(3) http://www.focus.de/politik/deutschland/zweifel-an-npd-verbotsverfahren-leutheusser-schnarrenberger-ein-scheitern-haette-fatale-folgen_id_5327155.html
(4) https://www.youtube.com/watch?v=ZSAlELDWgPw
(5) http://www.sueddeutsche.de/politik/ihr-forum-diskutieren-sie-mit-uns-das-npd-verbotsverfahren-1.2886587