#NPD-Verbot Medientagebuch: 1.März.2016 - NPD-Verbotsverfahren – Neuauflage der Dolchstoßlegende
Maik Scheffler
Wenn man nicht wüsste, dass die Innenminister der Länder eine gewisse Ernsthaftigkeit mit diesem erneuten Anlauf verfolgen, könnte man mutmaßen, hier soll einer Partei Bedeutung zugemessen werden, welche sich im Sinkflug zur Bedeutungslosigkeit befindet. Im Grunde verbaut sich der Rechtsstaat selbst den Weg zum Ziel indem er sich mitten in der erfolgreichen Selbst- und Außenzerstörung der NPD nun die innerstaatliche Souveränität streitig machen lässt und nicht nach sakrosankt, sondern aus Prinzip heraus verbietet. Es ähnelt der Dolchstoßlegende jüngster Geschichte und kann einen ähnlichen Solidarisierungseffekt bewirken, welcher die NPD nach einem Verbot unsterblich macht. Die Erben des „Märtyrers NPD“ werden die radikal-extremistischen Parteien und Gruppierungen sein, welche den nötigen Zulauf an Köpfen doch nur deshalb nicht erhalten, weil diese sich selbigen an der Parlamentsfront der pseudo-demokratischen Rechten blutig schlagen.
Es ist richtig, weder die Führung noch die Basis der NPD hat sich je tatsächlich von den Grundwerten und der Weltanschauung des Nationalsozialismus distanziert, geschweige denn emanzipiert. Für die sogenannten Überzeugungstäter, welche nach den Lehren Herbert Schweigers den NS auf dem Fundament der besiegten BRD-Rechtsstaatlichkeit neu errichten wollen, war die NPD lediglich ein sicheres Dach nach dem Parteiengesetz. Und rein rechtsstaatlich kann ein Verbot allein darauf nicht legitimiert werden. Mit der folgenschweren Störung des demokratischen Friedens in der Bevölkerung durch eine Politik des Chaos und der existenziellen Unsicherheit haben sich in Deutschland nunmehr viele verschiedene Dächer und Horte aufgetan, welche im Falle eines Parteienverbotes die Bühne für einen weitaus entschlosseneren nationalen Extremismus bieten würden, als es unter der kontrollierten NPD je auszudenken gewesen wäre.
Die NPD selbst übt sich derweil schon lange im Untergrundkampf. Besonders deutlich macht sich das am Beispiel von Sachsen. Mit dem Wegfall der Landtagsfraktion sind auch die finanziellen Abhängigkeiten der Akteure aufgehoben und die Unkonventionalität mittels Deckmantelpolitik hält Einzug. In eilig gegründeten Bürgerinitiativen, Bündnissen und vorgeblichen Bürgervereinen werden die Stimmungshebel bedient und die NPD lässt als Wolf im Schafspelz die nötige Pogromstimmung zum Selbstläufer werden. Nutznießer dieser Taktik ist jedoch nicht die NPD, sondern die vorgeblich konservative AFD und die extremistischen NS-Kräfte, welche sich aus der „Nazi-Isolation“ in der ehemaligen Zivilgesellschaft herauslösen.
Fazit: Ein Verbot ist eher als unrealistisch anzusehen, da auf der einen Seite die staatliche Indoktrinierung nicht vollends und glaubhaft eingestellt wurde und auf der anderen Seite die verbotsgünstig-arbeitenden Kräfte bereits zu großen Teilen nicht mehr in der NPD aktiv sind. Da auch ein erneuter Wiedereinzug der NPD in den Schweriner Landtag nicht zu erkennen ist, wird sich auch die fundamentalste NS-Riege der NPD bald im freien Modus befinden.